Burgen und Berggipfel: Japanische Alpen

Samurai-Burgen und alte Handelsrouten. Wanderwege mit Bärenwarnung und freche japanische Makaken. Und all das eingebettet in eine atemberaubende Naturkulisse aus Bergen, Flüssen und bildschönen Brücken. Auf geht es in die Japanischen Alpen!

Samurai-Burg in Matsumoto

Nagano-Stadt: Besser auslassen

Da das hier ein ehrlicher Reiseblog ist, muss ich dem eigentlichen Artikel eine „Reisewarnung“ vorher schicken: Wir haben auf unserem Weg in die Japanischen Alpen einen Zwischenstopp in Nagano Stadt eingelegt und haben das sehr bereut. Aus Müdigkeit sind wir der Lonely Planet Empfehlung gefolgt und haben das Restaurant India the Spice zum Abendessen aufgesucht.

Genau wie die umliegenden Straßen ist das Restaurant einfach nur schmuddelig. Es ist vollgestopft mit allerlei amerikanisch angehauchten Erinnerungsstücken. Das ist noch irgendwie cool. Nicht cool ist die Hygiene der Toiletten, die Qualität der Speisen und die Tatsache, dass die Mitarbeiter direkt neben Familien mit kleinen Kindern zur Zigarette greifen. Und das in Japan, wo Raucher sogar in öffentlichen Parks in kleine, unscheinbare Kabinen verbannt werden.

Beim Bezahlen ist es uns das erste und einzige Mal in Japan passiert, dass eine zusätzliche „cover charge“ erhoben wurde. Das Personal wirkt zwar nett, aber auch neben der Spur. Und ganz offensichtlich zocken sie ihre Kunden ab. Nach dem Essen war mir schlecht und wir waren beide sehr frustriert. Lernt aus unserem Missgeschick und meidet diesen Ort!

Gastfreundschaft in Matsumoto

Unsere Erfahrung in Matsumoto macht die unglückliche Episode in Nagano-Stadt mehr als wieder gut. Angefangen bei dem entzückenden Ryokan Seifuso, in dem wir übernachten.

Hier passt einfach alles. Die bezaubernde ältere Dame am Empfang stattet uns mit hilfreichen Tipps rund um den Besuch von Matsumoto und Kamikōchi aus.

Die Zimmer im japanischen Stil bieten alles, was es für eine erholsame Nacht braucht. Im Frühstücksraum gibt es einen Kaffee-Vollautomaten, den man für etwas Kleingeld nutzen kann. Man teilt sich die Toilette mit anderen Gästen. Und es gibt nur einen nach Geschlechtern getrennten Onsen, keine privaten Duschen. Wie gut, dass ich meine Onsen-Feuertaufe da bereits hinter mir hatte!

Auf den Spuren der Samurai

Vom Ryokan führt eine 10-minütige Autofahrt oder ein halbstündiger Spaziergang zur beeindruckenden Burg Matsumoto. Die sechsstöckige Burg wurde im 16. Jahrhundert erbaut und gehört zu den ältesten Burgen Japans.

Mir hat diese am besten von allen gefallen, denn man kann sie von Innen besichtigen. Die hölzerne Innenausstattung ist bestens erhalten und Besucher können alle sechs Stockwerke erklimmen. Dabei geht es japanisch geordnet zu. Hilfsbereites Personal steht bereit und wiederholt in Dauerschleife, dass du bitte auf deinen Kopf aufpassen und nicht ausrutschen sollst.

Auf dem Weg nach oben gibt es eine Ausstellung über mittelalterliche japanische Schusswaffen zu besichtigen. Oben angekommen, eröffnet sich ein beeindruckender Ausblick bis hin zu den Ausläufern der nördlichen japanischen Alpen. Dabei bekommt ihr die Möglichkeit, euch in die tapferen Samurai hineinzufühlen, die hier einst Wache standen.

Tipp: Wie an vielen Orten Japans könnt ihr euch hier umsonst einen Stempel in euren Reisepass oder euer Tagebuch machen, um den Besuch dieses schönen Ortes in Erinnerung zu behalten. Solche Stempel stehen in ganz Japan an Fähren, in Tempeln, Burgen oder anderen Sehenswürdigkeiten als nette kleine Zugabe bereit.

Wir laufen kurz durch die ebenfalls als Sehenswürdigkeit ausgewiesene „frog street“. Das Froschthema wird deutlich, aber da wir vor Ladenöffnungszeit vor Ort sind, bekommen wir keinen wirklichen Eindruck, ob sich ein Besuch lohnt. Stattdessen sehen wir zu, dass wir weiter kommen. Denn wir haben heute noch große Pläne.

Kamikōchi: Herz der japanischen Alpen

Wir fahren von Matsumoto eine Stunde mit dem Auto weiter nach Kamikōchi. Unser Ziel: Die berühmte Kappa-Brücke. Allein der Weg zum Ausgangspunkt in Sawando ist schon ein Erlebnis. Über schmale Serpentinen eröffnen sich nach jeder Kurve atemberaubende Ausblicke. Ich habe noch nie in meinem Leben solch riesige Dämme gesehen, mit denen die Japaner versuchen, die hiesigen Naturgewalten im Zaum zu halten.

Wanderabenteuer in Kamikōchi

Apfel-Fiasko

Als wir unterwegs Halt machen, um Äpfel von einer Straßenverkäuferin zu kaufen, kommt es zum Kultur-Clash. Die äußerst freundliche Frau ziert sich ganz offensichtlich mir die Äpfel auszuhändigen, auf die ich selbstbewusst mit dem Finger deute. Wir versuchen alle drei über die Übersetzungs-Apps unserer Smartphones zu kommunizieren, Es dauert eine Weile, bis der Groschen endlich fällt:

Ich hatte auf saure Äpfel gezeigt, die wohl eher zum Backen geeignet sind. Und die Verkäuferin versuchte verzweifelt, mir die süßere Variante für den Verzehr nahe zu legen. Am Ende ziehen wir mit beiden Sorten von Dannen, bezahlen aber nur eine. Ich kann nur Staunen. Eigentlich hätte es ihr egal sein können, aber es bedeutete der Verkäuferin alles, dass ihre Produkte den bestmöglichen Eindruck hinterlassen. Und was soll ich sagen? Am Ende schmeckten beide Sorten himmlisch!

Berühmtes Wahrzeichen: Kappa-Brücke

Um die Kappa-Brücke zu besichtigen, muss man ab Sawando noch 30 Minuten mit dem Bus fahren. Es ist nicht möglich, direkt mit dem Auto hinzufahren. Die Frau an der Ticketmaschine überrascht mich, als sie mir berichtet, dass sie schon einmal in Heidenheim war. Dem kleinen Nest in Baden-Württemberg, in dem ich meinen Bachelor gemacht habe.

Erstaunlich viele Japaner haben Verwandte oder Bekannte in Deutschland, die sie hin und wieder besuchen. Viele Japaner, mit denen ich auf dieser Reise Smalltalk gemacht habe, berichten mir stolz, wo in Deutschland sie schon überall gewesen sind. Dabei sind unter anderem solch kuriose Orte wie Heidenheim an der Brenz!

Die berühmte Kappa-Brücke

Der Ticketkontrolleur winkt uns bei Abfahrt des Busses so enthusiastisch zum Abschied, als würden wir auf eine epische Reise gehen. Ich fühle mich wie Frodo aus „Der Herr der Ringe“, der aus dem idyllischen Auenland auf ein langes Abenteuer mit ungewissem Ausgang aufbricht.

Es geht durch schmale Tunnel bergaufwärts und ich verstehe, warum die Fahrten organisiert werden. Vorbei an massiven Felswänden, Felsbrocken im Flussbett und einer frechen Gruppe japanischer Makaken, die über einen Rastplatz herfallen, um sich am Essen der Touristen zu bedienen.

Bärenglocken im Einsatz

Die Kappa-Brücke ist, nun ja: Eine Hängebrücke. Sie spannt sich vor epischer Kulisse über den Fluss Azusa. Die Brücke ist überlaufen und ich verstehe nicht warum. Erst später lese ich, dass sie wohl Schauplatz eines bekannten japanischen Romans ist.

Das wirkliche Erlebnis in Kamikōchi besteht für mich im Wandern. Der Tag ist fortgeschritten und wir haben nicht mehr viel Zeit, aber eine schnelle Tour zu See und Brücke Myōjin sind drin. Letztere ist für mich mindestens genauso schön wenn nicht sogar schöner als die Kappa-Brücke.

Für den Hin- und Rückweg brauchen wir gut drei Stunden. Inklusive zahlreicher Foto-Pausen, denn die Szenerie ist einfach atemberaubend. Wir wandern auf der einen Seite des Flusses hin und auf der anderen zurück.

Auf dem Rückweg wird es auf einmal sehr still. Die meisten Touristen scheinen ein und denselben Trail für Hin-und Rückweg zu benutzen. Unser Rückweg ist schöner, aber auch etwas unheimlich. Wir haben Angst vor Bären. Irgendwann gehe ich dazu über, meine Glocke vom Rucksack abzunehmen und läute sie permanent. Zwischendurch Klatschen und Singen wir wie die Irren und läuten die großen Bärenglocken, die wohl aus guten Grund entlang des Weges platziert sind.

Nachts im Nationalpark

Und es geht nervenaufreibend weiter: Wir müssen nach der Wanderung noch zwei Stunden Fahrt hinter uns bringen, um unsere Unterkunft in Atera Valley zu erreichen. Mitten durch den mittlerweile dunklen Nationalpark, über kurvige Straßen und begleitet von der sehr realistischen Gefahr von Wildwechsel.

Wir haben noch nicht zu Abend gegessen. Und obwohl unser Auto voller Vorräte ist, malen wir uns aus, in der Wildnis zu verhungern. Irgendwann spinnen wir diese Geschichte ins Absurde und müssen hysterisch lachen. Genau in diesem Moment taucht völlig aus dem Nichts mitten in der Wildnis ein Supermarkt auf. Auf Japan ist einfach Verlass!

Das Gefühl der Unsicherheit wandelt sich in das von Freiheit. Ich schwelge im Moment und kann nicht glauben, dass ich an einem Montag Abend mit einer lieben Freundin durch die Dunkelheit und Wildnis der Japanischen Alpen cruise.

Verfasst von:

Hallo! Mein Name ist Daniela. Ich arbeite im Marketing und lebe in München. Wenn ich nicht gerade arbeite oder reise, übe ich traditionelle Kampfkunst, Yoga oder mache Wanderungen in den bayerischen Voralpen. Schön, dass du hier bist und Teil meines Weges sein möchtest.

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