Kaffee mit Salz und Eiern

Sicherlich kennt ihr ihn: den typisch vietnamesischen Filterkaffee mit klebrig-süßer Kondensmilch. Aber wie sieht es mit Eierkaffee aus? Oder Salzkaffee? Kokonuskaffee anyone?

Nahaufnahme gerösteter Kaffeebohnen.
Vietnamesische Kaffeebohnen auf dem Markt

Ich bin im Café Minh in Hanoi den Geheimnissen vietnamesischer Kaffeekultur nachgegangen. Koffein- und Zuckerschock garantiert!

Skincare und Kundenservice

Bei Ankunft im Café stelle ich jedoch erst einmal fest, dass meine Reservierung duchgerutscht ist. Die Mitarbeiterin vor Ort spricht kein Englisch, aber mit Google Translate kann ich mein Anliegen darlegen. Kurzerhand wird ein Facetime-Call mit der Managerin aufgesetzt, die mir das weitere Vorgehen schildert, während sie nebenbei ihre morgendliche Skincare-Routine fortsetzt.

Auf das Café Minh bin ich beim Googeln aufmerksam geworden, da es nicht nur Vietnam’s wohl kurioseste Kaffeespezialität, drn Eierkaffee, anbietet – sondern auch Kurse, in denen man die Zubereitung lernt. Foodie me is on fire!

Good to know: Die Vietnamesen sind heavy user von Google Rezensionen. Das resultiert darin, dass sie ihre Gäste mit allerlei kreativen Goodies bezirzen, damit ihr Geschäft am Ende eine 5-Sterne-Bewertung auf der Plattform absahnt. Angefangen vom simplen QR-Code auf der Speisekarte, der direkt zur Lokalität auf Google Maps führt, bis hin zu sanfter Bestechung mit gratis Desserts oder Frühlingsrollen in Restaurants.

Kurze Zeit später finde ich mich zusammen mit zwei Frauen aus Südamerika und einem sympathischen Griechen im oberen Stockwerk des süßen Cafés wieder.

Französisches Erbe

Unsere Trainerin Ha (wie Ha Noi) gibt uns eine Einführung in die vietnamesische Kaffeekultur, die ihre Ursprünge in der französischen Kolonialisierung hat.

Traditioneller vietnamesischer Kaffee wird nicht mit einer Maschine, sondern einem Metallfilter, genannt phin, aufgebrüht.  

Traditioneller vietnamesischer Kaffeefilter (phin)

Vietnamesischer Kaffee zeichnet sich durch die Verwendung von Robusta Bohnen aus. Diese sorgen für den eher bitteren, charakteristisch-kräftigen Geschmack. Auf Menüs in Cafés, die eine internationale Klientel bedienen, seht ihr meist eine Eingruppierung in Vietnamese und American Coffee. Ihr könnt dann davon ausgehen, dass für die vietnamesischen Kaffee-Varianten Robusta-und für die amerikanischen Arabica-Bohnen verwendet werden, die milder und säuerlicher im Geschmack sind.

Good to know: In den coffee shops, in denen morgens hauptsächlich vietnamesische Männer sitzen und in den kleinen mobilen Stationen am Straßenrand bekommt ihr ausschließlich vietnamesischen Kaffee. Und egal wie ihr versucht, es zu artikulieren: Ihr werdet hier auch den „Milchkaffee“ ausschließlich mit Kondensmilch erhalten. Auch wenn fresh milk coffee angeschrieben steht: Dann fügen sie dem Kaffee mit Kondensmilch eben noch einen Schuss Kuhmilch hinzu.

Am Anfang ist das noch interessant, schnell stellt sich bei mir jedoch ein Zucker-Überdruss ein. In diesem Fall könnt ihr euch dann nur behelfen indem ihr amerikanische Kaffee-Spezialitäten bestellt. Oder: Einfach ein kleines Tetra-Pack Kuhmilch aus dem Supermarkt im Rucksack mitnehmen und dem schwarzen Kaffee in einem unbeobachteten Moment hinzufügen.

Vietnam ist nach Brasilien der zweitgrößte Kaffee-Produzent der Welt. Die Hauptanbaugebiete befinden sich im zentralen Hochland und an der südlichen Grenze zu Kambodscha. Im 19. Jahrhundert von den Franzosen importiert, wandelte sich Kaffee vom exklusiven Privileg der Reichen schnell zu einer beliebten Art der Entspannung, die durch den lokalen Anbau der Breite der Bevölkerung für wenig Geld zugänglich wurde.

Ihr werdet schnell beobachten: Kaffee ist in Vietnam kein schneller to-go-fix gegen die Müdigkeit, sondern ein Hobby, für das man sich Zeit nimmt, hinsetzt und das Leben an sich vorbei plätschern lässt.

Eier-Kaffee

Laut Frau Ha wurde der berühmte vietnamesische Eier-Kaffee 1964 im Metropolitan Hotel in Hanoi erfunden. Das Ei fand als Zutat schlichtweg deshalb einen Weg in den Kaffee, da Milch aufgrund des Vietnam-Krieges ein rares Gut war.

Instagram-tauglicher Eierkaffee

Die Zubereitung ist leichter als gedacht. Als Basis brühen wir erst einmal schwarzen Kaffee (ca phe no oder auch ca phe phin) mit dem Filter vor. Dafür geben wir  25 Gramm Robusta-Kaffeepulver mit der zweifachen Menge kochendem Wasser in den Filter, warten eine Minute, bis etwas Wasser durchgelaufen ist und drücken dann mit der Metallpresse von oben auf den Kaffeesatz. Fertig!

Sogenannter brown coffee (ca phe sua) unterscheidet sich lediglich dadurch, dass wir in das Behältnis, auf das wir den Filter setzen, vorher eine ordentliche Portion Kondensmilch gegeben haben, die wir beim Trinken später mit dem schwarzen Kaffee verrühren.

Nun aber zum Eier-Kaffee (ca phe trung): Auch hier ist die Basis ca phe no. Eine halbe Tasse davon vermengen wir mit 1-2 Teelöffeln Kondensmilch. Die andere Hälfte der Tasse füllen wir mit Eiercreme auf.

Diese stellen wir her, indem wir Eigelb (2 Stück für eine Tasse), ein wenig Eiklar und einen Teelöffel braunen Rohrzucker für fünf bis sechs Minuten mit einem Handmixer auf höchster Stufe aufschlagen. Dekoriert wird das ganze mit einer Kakao-Zuckermischung oder Zimtpulver.

Schnell wird klar: Beim Eier-Kaffee handelt es sich eher um ein Dessert als um einen Kaffee, wie wir ihn interpretieren. Unsere Mägen, die neben unseren Kaffee-Kreationen noch mit Bananenchips und Tee gefüllt werden, sind bald zum Anschlag voll.

Vietnamesischer Macchiato

Meine letzte Kaffee-Spezialität, einen white coffee (ca phe bat siu) – ein grosses Glas Milchkaffee bestehend aus einem Teelöffel Kondensmilch, heißem Wasser und einer kleinen Menge schwarzem Kaffee – muss ich entgegen aller Genussgepflogenheiten dann wirklich to-go mitnehmen.

Ca phe bat siu – White coffee

Salzkaffee

Salz im Kaffee – das klingt in europäischen Ohren erst einmal ungenießbar. Let me tell you: Salt coffee gehört zu den Dingen, von denen ihr nicht wusstet, dass ihr sie in eurem Leben braucht.

Den ersten Salzkaffee meiner Reise gönne ich mir bereits einen Tag vorher im wunderbaren Daydi Coffee. Wenn ihr ein Café in Hanoi besucht, dann lege ich euch dieses wirklich wärmstens ans Herz.

Ca phe muoi – Salzkaffee

Erfunden wurde ca phe muoi in der ehemaligen Kaiserstadt Hue in Zentralvietnam.

Es ist immer nicht so leicht, verlässliche Angaben dazu zu finden, welches Café nun wirklich das erste war, das bestimmte Spezialitäten auf den Markt brachte. Meinen Recherchen nach, war es dieses hier: Ca phe muoi.

Der Inhaber wollte sich mit der salzigen Note schlicht von den vorwiegend süßen Kaffee-Spezialitäten Vietnams abheben. In der Zubereitung wird neben der üblichen Mischung aus schwarzem Kaffee und Kondensmilch, eine Haube aus gesalzener Sahne hinzugefügt.

Mittlerweile findet man Salzkaffee in Cafés in ganz Vietnam – ich habe mir sagen lassen, dass wohl auch die lokalen Starbucks-Filialen ihn auf der Karte haben.

Kaffee-Horizont: erweitert

Nach so viel Input für Kopf und Magen ist für mich erst einmal ein langer Spaziergang angesagt. Mein Fazit: Vietnamesische Kaffee-Kultur hat es wirklich in sich und es lohnt sich sehr, sich mit einer gehörigen Portion Experimentierfreude durch die coffee shops des Landes treiben zu lassen.

Vietnamesischer Salzkaffee auf einem Holztisch mit Blumenmalerei.
Kunstvoller Salzkaffee in Hoi An

Welche vietnamesische Kaffee-Spezialität würdet ihr gerne einmal testen? Und welche auf gar keinen Fall? Lasst mir gerne einen Kommentar da.

Verfasst von:

Hallo! Mein Name ist Daniela. Ich arbeite im Marketing und lebe in München. Wenn ich nicht gerade arbeite oder reise, übe ich traditionelle Kampfkunst, Yoga oder mache Wanderungen in den bayerischen Voralpen. Schön, dass du hier bist und Teil meines Weges sein möchtest.

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