Eine tolle Exkursion, die ihr ab Hoi An machen könnt, ist ein Besuch des My Son Sanctuary, den ich euch wärmstens ans Herz legen möchte.
Das My Son Heiligtum ist ein hinduistischer Tempel-Komplex, der zwischen dem 4. und 13. Jahrhundert als politisches und religiöses Zentrum der Champa-Herrscher diente, die über 10 Jahrhunderte Zentralvietnam beherrschten. Die Cham landeten auf dem Seeweg von Indonesien nach China in Vietnam. Sie handelten Gewürze, Töpferwaren und Seide und brachten ganz nebenbei den Hinduismus nach Südostasien.
Die Anlage wurde verlassen, als die Champa durch das Vordringen der Dai Viet aus dem Norden, genötigt wurden, weiter gen Süden zu ziehen. Der Dschungel eroberte sich den Ort zurück und die Steine wurden von Farmern der umliegenden Dörfer abgetragen, um sich Häuser damit zu bauen. My Son wurde erst 1898 von einem französischen Forscher wiederentdeckt. Ab den 1930ern wurden die Restorierungsarbeiten aufgenommen. Im Vietnam-Krieg wurden die Ruinen von den Amerikanern bombardiert und teilweise zerstört.
Heute ist My Son ein UNESCO-Weltkulturerbe und zieht Massen von Besuchern an. Ich kann deshalb ganz klar empfehlen, in den sauren Apfel zu beißen und für den Besuch früh aufzustehen – und mit früh meine ich richtig früh. Ich wurde von meinem Tourguide um 5:20 an meinem Homestay abgeholt!
Als meine Gastgeberin von diesen Plänen erfuhr, bestand sie darauf, mir um 5 Uhr ein Frühstück vorzubereiten – schließlich hatte ich bisher ja keines in Anspruch genommen! Auch wenn 5 Uhr sogar für mich noch etwas zu früh zum Essen ist, möchte ich ihr die nett gemeinte Geste nicht ausschlagen. Was soll ich sage? Ich möchte nicht undankbar sein, aber liebloser hätte das Frühstück leider echt nicht sein können: Ich hatte Rühreier vorbestellt. Diese kamen auch. Aber statt des banh mi, das eigentlich hätte dabei sein sollen, gab es einen halben Teller Pommes. You got to be kidding? Um 5 Uhr morgens? Ich aß nur die Eier und nippte kurz am riesen Bottich Kaffee, der mit zuckersüßer Kondensmilch versetzt war, obwohl wir Frischmilch vereinbart hatten.

Gegen 6:30 waren wir in My Son und haben zwei Stunden lang als einzige Gruppe vor Ort die beeindruckenden Ruinen des Heiligtums erkundet. Um 9:15 saßen wir gemütlich bei einem lokalen My Quang Frühstück, als gerade die ersten Tourbusse auf dem Parkplatz anrollten, um die Menschenmassen auszuspucken. Alles richtig gemacht! Und das für einen Paketpreis von 23 Euro inklusive Transport, Guide und Frühstück. Ich kann nur sagen, dass sich dieses Investment wirklich gelohnt hat! Die Tour zum My Son Sanctuary habe ich über Get your Guide gebucht und ich kann sie besten Gewissens weiter empfehlen.
Bereits auf der Hinfahrt erfahren wir von unserem sympathischen, englischsprachigen Guide eine Menge Trivia aus dem vietnamesischen Lebensalltag: Dass Vietnam gestern Nacht ein Fußball-Spiel gegen Erzrivalen Thailand gewonnen hat – ein Ereignis, das von noch mehr Straßenlärm als üblich und enormer Euphorie begleitet wurde. Und dass wir uns im letzten Monat des Mondjahres befinden: Tet, so wird das chinesische Neujahrsfest in Vietnam bezeichnet, steht kurz bevor. Ein besonders günstiger Zeitpunkt, um zu Heiraten. Das erklärt auch die vielen großen Zelte, die entlang des Weges und in Hoi An gerade aufgebaut werden. Und die werden benötigt, immerhin hat so eine durchschnittliche vietnamesische Hochzeit 400-600 Gäste!
Die Morgenpropaganda der Regierung wird aus Lautsprechern verkündet während der neue Tag anbricht und es langsam heller wird. Im Wagen ist es ruhig, manche schlafen noch. Meinem Biorythmus sei Dank bin ich hellwach und aufgeregt. Ich freunde mich kurzerhand mit einer ebenfalls alleinreisenden Inderin, Sharon aus Kerala, an und wir tauschen Kontakte aus.
Vor Ort gibt es erst einmal einen vietnamesischen Kaffee, der Tote weckt und mir die Beine zittrig macht. Dann werden wir mit einem Elektro-Cart in rasantem Tempo über das weitläufige Gelände und zu den Ruinen bugsiert.
Wir starten mit dem Besuch der Section C. My Son bedeutet übersetzt beautiful mountains. Die Namensgebung erklärt sich durch die Lage: Die Anlage befindet sich in einem 2 Kilometer langen Tal, das von imposanten Bergen umgeben ist. Einer davon nennt sich garuda mountain, da die Adlerform des Gesteins an das Reittier des Gottes Vishnu aus der hinduistischen Mythologie erinnert.
Anlehnungen an die indische Götterwelt finden sich hier zuhauf. Wir bleiben am steinernen Abbild des Elefantengottes Ganesha stehen, der für Glück, Wohlstand und gute Geschäfte steht. An anderer Stelle begegnen wir dem Affengott Hanuman, der auf der Suche nach medizinischen Kräutern ganze Berge anhebt.
Von den über 70 teilweise intakten Tempeln ist jedoch ein Großteil dem Hindu-Gott Shiva gewidmet. Zu Shiva gibt es viele Interpretationen. Am eingängisten ist für mich an dieser Stelle die Beschreibung Shivas als Teil der Trimurti, der hinduistischen Trinität aus Brahma dem Schöpfer, Vishnu dem Bewahrer und Shiva dem Zerstörer. Darüber hinaus verkörpert Shiva im Hinduismus auch oft die Schöpfung in ihrer Gesamtheit, deren Zerstörung immer auch ein Neubeginn folgt.
Shiva steht für das männliche Prinzip, während seine Gefährtin Shakti das Göttlich-Weibliche symbolisiert. Die Männlichkeit Shivas kommt in der Architektur von My Son insbesondere durch sogenannte Lingu – Altare zum Ausdruck. Ein Blick auf das nachhstehende Foto dürfte sehr deutlich machen, was ich damit meine. Auf diesen Altaren wurden Milch und Wasser dargeboten, um für Fruchtbarkeit zu beten. Zudem begegnen uns Naga-Schlangen als Symbole Shivas, heilige Kühe als dessen Reittiere und Abbilder des tanzenden Shiva mit seinen vielen Armen.
Wir erfahren viele Details über die Architektur der Tempel, die sich uns ohne Guide sicher nicht erschlossen hätten: So kennzeichnen sich die Gebäude, die lediglich der Lagerung dienten, dadurch aus, dass sie Fenster haben. Tempel hingegen haben keine. Dafür waren letztere mit Spiegeln ausgestattet, im Glauben, dass das Böse von seinem eigenen scheußlichen Abbild, erschrickt und vom Betreten der Tempel abgehalten wird.
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